Troll in Not
Aus „Winter und Weihnachten in Pfifferlingen“
Leise tanzten die Flocken zu Boden und bildeten auf den Wegen, den Bäumen und den Pilzhäuschen eine dicke weiße Decke. Viele Kinder sahen aus dem Fenster und träumten vor sich hin. Was sie wohl zu Weihnachten bekommen würden? Sie mussten ja noch ihren Wunschzettel schreiben!
Der magische Wald hatte sich in einen Wunder-Funkel-Zauber-Winter-Wald verwandelt.
Alle Bewohnerinnen und Bewohner von Pfifferlingen hatten sich in ihre Pilzhäuser zurückgezogen und auch die Trolle waren in ihren Höhlen im Wald. Langsam brach die abendliche Dämmerung herein. Die dicke Schneeschicht machte die ganze Welt leise. Jakob, der freundliche Troll, musste noch einmal aus seiner Höhle hinaus, um neues Feuerholz für den Ofen hineinzubringen. Auf dem Rückweg passierte es: Er stolperte über seine eigenen Füße! Und Trolle haben große Füße!
Er fiel hin und weil beide Arme voller Feuerholz waren, konnte er sich nicht mit den Händen abfangen. Oje! Seine Beine, die Knie, sogar der Kopf – alles tat ihm weh und er stöhnte laut. Doch niemand war da, um ihm zu helfen!
Ob er sich etwas gebrochen hatte? Jakob war ganz alleine und die Schmerzen ließen ihm ein paar Tränen die Wange hinunterrollen. Normalerweise freute er sich darüber, eine Höhle für sich alleine zu haben, aber jetzt wünschte er sich doch ganz schnell andere Trolle herbei. Oder Wichtel aus Pfifferlingen.
Da fiel ihm etwas ein. Die Zwergenfrau Murka hatte vor vielen Jahren mal kleine Säckchen an die Trolle im Wald und die Bewohnerinnen und Bewohner von Pfifferlingen verteilt. Darin war jeweils ein roter Hilfekristall. Diese sollte jeder jede und jeder um den Hals hängen. Wenn sich nun ein Wichtel, ein Zwerg, ein Troll oder ein Kobold alleine im Wald befand und Hilfe brauchte, sollte er das Notfallsystem aktivieren. Das machte man, indem man den Hilfekristall auf den Boden warf, dieser zerspringen würde und alle weiteren Kristalle in den Säckchen der anderen würden anfangen, zu summen. Erst leise, dann aber immer lauter. Damit wüssten alle, dass hier jemand Hilfe braucht!
Außerdem gingen rote Funken von dem alarmierenden Kristall aus, die sich kreisförmig am Boden und in der Luft verteilten. So konnte jeder erkennen, aus welcher Richtung Hilfe benötigt wurde.
Diesen Hilfekristall holte Jakob nun aus dem Beutelchen und warf ihn vor sich auf den Boden. Die roten Funken sausten aus der Höhle hinaus und flitzten über den Waldboden, über die Wiese vor Pfifferlingen und die Wege im Wichteldorf.
Wieder und wieder breitete sich ein Funkenring aus Jakobs Höhle heraus aus und auch das Summen der anderen Hilfekristalle blieb nicht unbemerkt.Die Wichtel, Zwerge und Trolle waren alarmiert und aus vielen der Pilzhäusern traten nun dick angezogene Wesen und machten sich in Grüppchen auf den Weg. Die roten Funken wiesen ihnen die Richtung. Elgin, die Trollmutter von Rune und Merrit, war als erste bei Jakobs Höhle angekommen und rief schon von draußen seinen Namen. „Jakob? Was ist passiert?“ Ein Stöhnen antwortete ihr, als sie eintrat. Da saß Jakob nun mit schmerzverzerrtem Gesicht auf dem Boden. Er hatte mehrere Schürfwunden und konnte nicht auftreten. Überall hatten ihn die Feuerholzstücke getroffen. Wie gut, dass jetzt Hilfe da war! Elgin räumte erst einmal das Feuerholz zur Seite, damit die anderen zu Jakob gelangen konnten. Weitere Helferinnen und Helfer kamen. Wichtel, Zwerge und Trolle, auch Heinzelmännchen Micki und der Kobold Skadi waren dabei.
Sie arbeiteten Hand in Hand und bauten eine improvisierte Trage, um Jakob sicher ins Dorf zu bringen. Sie stützten ihn und sorgten dafür, dass er sich nicht bewegte, um seine Verletzung nicht zu verschlimmern. Der Troll David rief: „Bringt ihn zu Bruno und mir in die Hütte, wir haben ein Gästebett in Trollgröße.“ Dann wandte er sich an Skadi: „Du kannst doch so schnell rennen, kannst du Shila Bescheid sagen?“ Der Kobold nickte und rannte los.
Der gemeinsame Weg zurück zum Dorf war nicht einfach, aber die Zusammenarbeit der verschiedenen Helferinnen und Helfer machte es möglich. Als sie in der Hütte von David und Bruno ankamen, war die weise Wichtelfrau Shila schon vor Ort. Sie kannte sich gut aus mit Verletzungen und Krankheiten und kümmerte sich nun liebevoll um Jakob. Murka und Elgin gingen ihr zur Hand. Auf einmal stand Ocho vor der Tür. Er hatte eine Schüssel süßen Reisbrei gekocht und ihn nun für die Helferinnen und Helfer und natürlich auch für den Verletzten vorbeigebracht.
Als die Sterne schon hoch am Himmel blinkten, fiel Jakob endlich in einen wohltuenden Schlaf. Seine Verletzungen waren versorgt, er lag im warmen Gästebett und würde nun ein paar Tage Erholung brauchen.
Murka und Shila tranken noch einen Kräutertee zusammen und unterhielten sich über die Rettungsaktion. „Dein Hilfesystem hat wirklich großartig funktioniert!“, lobte Shila ihre Freundin. „Alle haben zusammengearbeitet, um Jakob zu helfen.“, ergänzte Murka. Dann fragte sie: „Er wird sich doch wieder erholen, oder?“ Shila lächelte und sagte: „Ja, alles wird wieder gut werden. Er hat ein paar tüchtige Schrammen abbekommen und sein Knöchel ist verstaucht. Aber alle Knochen sind heile. David und Bruno werden sich gut um ihn kümmern und dann ist er bald wieder hergestellt. Zum Weihnachtstanz um den Tannenbaum wird er vielleicht noch zuschauen müssen, aber wenn die Schneeglöckchen den Frühling ankündigen, wohnt er sicher wieder in seiner eigenen Höhle im Wald.“ Die beiden Frauen schwiegen. Sie fühlten eine große Dankbarkeit, dass alles gut ausgegangen war und freuten sich über den wunderbaren Zusammenhalt der Bewohnerinnen und Bewohner von Pfifferlingen.