Kullern, bis die Ärztin kommt

„Bahn frei! Kartoffelbrei!“ Fabio nahm Anlauf und schmiss sich über den Rand der Sandkuhle und kullerte lachend den Abhang hinab. Völlig außer Atem kam er unten bei seinen Freunden an. Zwerg Fabio, der Wichteljunge Snorre und der kleine Troll Meik waren unzertrennliche Freude und liebten es, auf dem Spielplatz auf der Waldlichtung herumzutoben. Im nahen Dorfe Pfifferlingen wohnten sie fast nebeneinander und man traf selten einen ohne die anderen beiden an.

Die Sandkuhle war gerade ihr Lieblingsplatz. Über und über mit Sandkörnern übersäht und mit lachenden Gesichtern kamen sie dann wieder im Dorf bei ihren Familien an.

Aber heute war alles anders: Beim vierten oder fünften Herunterkullern nahm Fabio unabsichtlich einen etwas anderen Weg nach unten und schrie plötzlich mitten im Kullern laut auf. Sein Bein blutete! Eine abgebrochene Wurzel, die unter einer Sandschicht verborgen war, hatte einen langen Riss in die Haut auf seinem Bein gemacht! Unten angekommen weinte er laut und aus seinem Bein kamen Blutstropfen. Snorre und Meik rannten zu ihm hin und nahmen ihn in den Arm. Snorre zog schnell sein Shirt aus und drückte es auf die Wunde. „Ich hol Hilfe!“ rief Meik und rannte wie der Blitz nach Pfifferlingen. Snorre blieb bei seinem Freund, tröstete ihn und hielt das Shirt auf der Wunde.

Zum Glück konnte Meik schnell Hilfe holen und Shila, die alte Wichtelfrau, machte sich mit ihrer Tasche und dem geheimnisvollen Zauberstein auf den Weg. Mit ihren alten Beinen war sie noch recht schnell unterwegs und folgte Meik zur Sandkuhle.

Fabio schluchzte immernoch, aber die Wunde blutete nicht mehr ganz so schlimm. Shila besah sich sein Bein. „Die Wunde ist nicht tief, keine Angst“ sagte sie, „Aber ziemlich lang und wenn du jetzt läufst, blutet sie sicher wieder.“ „Dann müssen wir eine Trage bauen!“ Snorre sah sich in der Sandkuhle um, doch Stöcke gab es hier kaum.
„Lass nur, das kriegen wir hin“ sagte Shila und gab Fabio ihren Zauberstein in die Hand. „Halte ihn gut fest! Damit wirst du hübsch leicht und wir können dich tragen.“ Und das stimmte: Snorre und Meik nahmen ihren Freund jeder an einem Arm und ohne Mühe konnten sie Fabio ins Dorf bringen, ohne, dass seine Füße den Boden berührten.

Im blau-gelben Pilzhaus von Fabios Familie angekommen, kam Shila mit hinein, um die Wunde zu versorgen. „Keine Angst, Jungs“, sagte die alte Wichtelfrau noch zu ihnen. „Euer Freund ist bald wieder zum Toben bereit.“

Snorre und Meik standen nun vor dem Haus und sahen sich an. „Die Wurzel muss weg! Das ist ja echt gefährlich!“ „Aber das schaffen wir nicht alleine! Komm, wir holen unsere Eltern!“
Nicht viel später standen beide Familien an dem sandigen Abhang.

„Es stimmt schon, wir müssen etwas tun, damit sich nicht noch mehr Kinder verletzen,“ sagte Bastio, der Trollpapa. „Aber wenn wir die Wurzel entfernen, könnte die große Kiefer da oben den Halt verlieren und umkippen. Der Baum hält sich doch mit den Wurzeln hier im Sand fest“ „Da müssen wir eine andere Lösung finden.“ meinte Moni, die Wichtelmama von Snorre.

Meik überlegte: „Und wenn wir was draufpflanzen? Irgendwas, was verhindert, dass andere Kinder genau dort wieder spielen und sich verletzen.“ Moni nickte. „Wildrosen wären eine Möglichkeit. Die brauchen Sandboden und außerdem kann man die Blüten wunderbar für Sirup oder Marmelade verwenden!“
Meik machte ein nachdenkliches Gesicht. „Und als Kullerschutz? Damit man nicht versehentlich in den Dornen landet?“ Bastio grinste „Trollhände sind gut zum Schaufeln. Wir bauen einen Wall und bepflanzen ihn mit Sandgras. Die Wurzeln halten den Sand fest und der Sand hält die Wurzeln fest. So einfach ist das.“


Ja, so einfach war es dann auch. Schon am nächsten Tag war der Wall aufgeschüttet. Dann wurden die Rosen besorgt und tatsächlich: Beim nächsten Dorffest gab es eine tolle Brause mit Wildrosensirup aus der Sandkuhle. Fabio, Snorre und Meik ließen sich die ganz besonders gut schmecken.